Aufgrund der ständigen und mehrfachen, teilweise im Internet veröffentlichten Argumente gegen den Bau des gemeinsamen Wasserhochbehälters der Gemeinden Ilmmünster und Hettenshausen, wurde dieses Thema nochmals ausführlich im Gemeinderat Ilmmünster am 02.06.2024 besprochen. Daran nahm u.a. Herr Ingenieur Harald Kienlein vom gleichnamigen Ingenieurbüro teil. Rede und Antwort standen auch der leitende Ingenieur Franz Maling, der Wasserwart des Wasserzweckverbands Paunzhausen, Martin Pallauf, und der Erste Bürgermeister der Gemeinde Hettenshausen, Wolfgang Hagl.
Herr Kienlein stellte in einem Vortrag die Themen Wasserversorgung allgemein, wie diese funktioniert und welche Qualitätsstandards des Trinkwassers zu erfüllen hat, dar. Zudem ging er auf die Situation der Bestandsanlagen der VG-Mitgliedsgemeinden und nochmals ausführlich auf die Planungen zum gemeinsamen Wasserhochbehälter ein.
Herr Kienlein hat Bauingenieurwesen an der TU München studiert, arbeitet seit 1990 beim Ing.büro Hausmann&Rieger, das sich auf Wassertechnik spezialisiert hat und auf eine jahrzehntelange Erfahrung zurückblicken kann. Dieses Ingenieurbüro hat Herr Kienlein 2005 übernommen. Er beschäftigt 30 Mitarbeiter und hat über 33 Jahre Expertise in der Wasserversorgung. Hierbei planen sie die Wasser-Erschließung, -Förderanlagen, -Aufbereitungsanlagen, -Fernwerktechnik mit sämtlichen elektrischen Anlagen und eben auch Trinkwasserspeicher.
Warum und wozu eine Wasserversorgung?
Wasser wird während des gesamten Tagesablaufs eines Menschen und auch für Industriezwecke, Landwirtschaft, Gartenarbeit usw. benötigt. Der Mensch besteht zu 70 % bis 80 % aus Wasser. Hierbei müssen täglich 2 l getrunken werden. Bei Wasserentzug tritt bereits am fünften Tag ein lebensbedrohlicher Zustand ein.
Seit wann gibt es die Trinkwasserversorgung in Deutschland?
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat der Freistaat Bayern 1946 begonnen, über Förderprogramme den Kommunen bei dem Aufbau der kommunalen Wasserversorgung mit 85 % der ausgegebenen Kosten zu fördern. Deshalb gab es bisher vergleichsweise günstige Wasserpreise. Mittlerweile sind die Anschlussnehmer selbst finanziell in der Pflicht, die Wasserversorgung zu erhalten. Die Gemeinde Ilmmünster hat z. B. 1956 und die Gemeinde Hettenshausen 1961 einen Flachbrunnen und die dazugehörenden Trinkwasserspeicher gebaut. Mittlerweile ist in Deutschland ein Anschlussgrad von 99,2 % erreicht.
Welche Qualitätsansprüche gibt es?
In Deutschland regelt die Trinkwasserverordnung, wie die Qualität des Trinkwassers zu sein hat. Deutschland hat EU- und auch weltweit einen der höchsten Qualitätsstandards. Der Zugang zu Trinkwasser rund um die Uhr (24h/7d) zählt zu den Menschenrechten. Fällt diese Versorgung aus, hat man als erstes ein Hygieneproblem, es fallen das Gesundheitswesen, das Gewerbe, die Industrie, Landwirtschaft, die Löschwasserversorgung usw. aus.
Wie funktioniert die Wasserversorgung?
Das Wasser wird aus Brunnen gefördert und in den Wasserhäusern aufbereitet. Ein Trinkwasserspeicher mit einer höheren Lage von z. B. 50 m erzeugt 5 bar Druck (1 bar je 10 m Höhe). Die Druckerzeugung kann über höher gelegene Trinkwasserspeicher, Wassertürme und Druckpumpen erfolgen.
Welche Aufgaben hat ein Trinkwasserspeicher?
Ein Trinkwasserspeicher sorgt für gleichmäßigen Wasserdruck in den Leitungen. Er überbrückt Betriebsstörungen beim Brunnen und in den Wasserhäusern und gleicht Verbrauchsspitzen aus. Er stellt im Bedarf große Mengen Löschwasser zur Verfügung und gleicht die Vor- und Hauptförderung des Trinkwassers ohne Probleme aus. Die Versorgung der Häuser erfolgt über das freie Gefälle.
Wie ist die derzeitige Versorgung in Ilmmünster und Hettenshausen?
Die Gemeinde Ilmmünster hat 1956 einen Trinkwasserspeicher gebaut und 1990 erweitert. Dieser erdüberdeckte Speicher wurde 2008 untersucht. Eine Sanierung ist technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll.
Die Gemeinde Hettenshausen hat den Trinkwasserspeicher 1961 gebaut und 1983 erweitert. Der erdüberdeckte Speicher wurde 2010 untersucht. Eine Sanierung ist auch in Hettenshausen technisch und wirtschaftlich nicht sinnvoll. Zu den vorgefundenen schlechten Zuständen liegen Bilder vor.
Die Gemeinden haben die Flachbrunnen aufgrund mangelnder Wasserqualität stillgelegt und Tiefbrunnen mit einer Tiefe von ca. 126 m gebaut, womit Tertiärwasser gefördert wird (Anmerkung: Tertiärwasser ist ca. 10.000 Jahre alt und benannt nach der 65 Mio. Jahren alten Gesteinsformation, in der es vorkommt.) Während das Regenwasser in diese tieferen Schichten einsickert, verliert es Sauerstoff.
Für diese Brunnen besteht ein Wasserrechtsbescheid, der die Wasserentnahme regelt. Die Gemeinden dürfen den Brunnen jeweils 17 l/sec. entnehmen, da aufgrund von Pumpversuchen festgestellt wurde, dass man den Brunnen in diesem Bereich mit einem stabilen Wasserstand betreiben kann. Doch auch diese Brunnen stehen zur Sanierung an.
In 2016 wurde mit einer Machbarkeitsstudie festgestellt, dass eine Sanierung der Trinkwasserspeicher nicht wirtschaftlich ist und beide Gemeinden diese neu bauen wollen. Daraufhin begann eine Standortsuche und es stellte sich die Frage, ob man nicht einen gemeinsamen Wasserhochbehälter bauen könnte.
Der gemeinsame Wasserhochbehälter kann nach den aktuellen Regeln der Technik am gewählten Hochpunkt im Ilmmünster neben dem Bestandsbehälter am besten gebaut werden. Jede Gemeinde kann nach Fertigstellung des neuen Wasserhochbehälters kurzfristig einen Ausfall des Brunnens / der Wasseraufbereitung der Nachbargemeinde überbrücken und liefert somit doppelte Redundanz (Brunnenförderung und Trinkwasserspeicher). Derzeit hat jede Gemeinde nur einen Brunnen.
Widerlegung der Aussage eines Bürgers: „Man braucht keinen Trinkwasserhochbehälter, Drucksteigerungspumpen reichen aus.“
Derzeit hängt eine Pumpe ca. 100 m tief im Brunnenschacht. Fällt diese aus, müsste sie mit einem Kran gehoben werden. In dieser Zeit würde kein Wasser zur Verfügung stehen. Das Tertiärwasser muss aufbereitet werden. Es ist sauerstoffarm und mit Mangan und Eisen angereichert. Kommen diese Metalle an der Oberfläche in Kontakt mit Sauerstoff, oxidieren sie und „verockern“, d. h. die Metalle lagern sich ab. In den Wasserhäusern wird dieses Tiefenwasser deshalb mit Sauerstoff verwirbelt, kann oxidieren und gelangt erst dann in die Wasserleitungen. Das Wasser kann entsprechend nicht direkt aus den Brunnen ins Netz gepumpt werden.
Würde zudem ein Brunnen mit stark wechselnden Entnahmemengen belastet und der Grundwasserspiegel sich im Schacht ständig heben und senken, würde auch der Brunnen „verockern“. Für einen Tiefbrunnen ist es das Beste, wenn gleichmäßig entnommen wird, da er ansonsten schnell defekt wird.
Widerlegung der Aussage eines Bürgers: „Der gemeinsame Trinkwasserspeicher ist zu groß bemessen.“
2016 wurden zur Berechnung des Vorentwurfs zum neuen gemeinsamen Wasserhochbehälter die damals aktuellen Verbrauchsdaten zugrunde gelegt. Bei einer jährlichen Verbrauchssteigerung von 2-3 % ergab sich eine Speichergröße von 1.959 m³. Die jährliche Steigerung des Wasserbrauchs ist zwischenzeitlich auf 1 %, auch aufgrund von sparsameren Elektrogeräten (Waschmaschinen usw.) gesunken. Dadurch ergibt sich eine neue Speichergröße von 1.540 m³. Der Speicher ist aktuell auf 2 x 750 m³ Kammern ausgelegt. Die beiden alten Speicher in den VG-Gemeinden verfügen bereits jetzt über knapp 1.200 m³.
Anschließend zum Vortrag von Herrn Ingenieur Kienlein führte der Gemeinderat zu diesem Thema eine Diskussion, deren Inhalt Sie im Bürgerinformationssystem oder unter folgendem https://buergerinfo-vg-ilmmuenster.digitalfabrix.de/info.asp oder unter dem nachfolgendem QR-Code nachlesen können.